Ava wird im Stadion Opfer eines sexuellen Übergriffs. Sie weiß nach dieser schlimmen Situation nicht, was sie tun soll und berät sich mit ihrer besten Freundin Lizzy am Handy. Lizzy gibt ihr einen entscheidenden Tipp und weist sie auf das Awareness-Konzept im Stadion hin, das Betroffene in solchen Situationen unterstützt.
Franciska Wölki-Schumacher und Jonas Gabler von der Kompetenzgruppe Fankulturen und sportbezogene Soziale Arbeit (KoFaS) klären über solche Awareness-Projekte in deutschen Stadien auf. Der Kulturwissenschaftler Julien Bobineau (D2 – Denkfabrik Diversität) gibt Tipps, wie Betroffene, Zuschauerinnen und Zuschauer in schwierigen Situationen richtig handeln können.
Sexismus bedeutet die Benachteiligung, Abwertung, Verletzung und Unterdrückung einer Person oder einer Gruppe aufgrund des Geschlechts, wie du am Beispiel von Ava im Video gesehen hast. Sexismus ist auch die Vorstellung, dass Geschlechter eine Ordnung oder Reihenfolge haben. Zum Beispiel die Vorstellung, dass Männer mehr wert sind als Frauen.
Wer sexistisch denkt, beachtet nicht die Persönlichkeit des einzelnen Menschen. Wer sexistisch denkt, glaubt zum Beispiel:
Frauen hatten in Deutschland lange weniger Rechte als Männer. Erst 1899 hat Johanna Kappes als erste Frau in Deutschland Abitur gemacht und später Medizin studiert. Frauen dürfen in Deutschland zum Beispiel erst seit 1919 wählen und gewählt werden.
Heute haben Frauen und Männer gleiche Rechte. ¹
Aber die alten Vorstellungen merkt man noch heute. Das zeigt sich daran, dass häufig Frauen und Männer auch heute noch unterschiedlich leben und arbeiten: Frauen kümmern sich zum Beispiel öfter um Kinder und alte Menschen als Männer. ²
Die meisten Männer haben heute eine Arbeit, mit der sie Geld verdienen. Auch viele Frauen arbeiten heute auch für Geld oder leiten Firmen. Trotzdem verdienen Männer oft mehr Geld als Frauen. Und sie sind öfter in Vorständen von Firmen oder in Führungspositionen in der Politik. ³
¹ Susan Arndt, Sexismus. Geschichte einer Unterdrückung, München: C.H. Beck 2020.
³ https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-GenderPayGap/_inhalt.html
Es gibt auch bestimmte Erwartungen, wie sich Männer und Frauen verhalten sollen. Zum Beispiel in der Familie, im Haushalt oder in der Sexualität. Das alles beeinflusst unser Denken. Es führt dazu, dass Frauen und Männer unterschiedliche Rollen haben.
Solche Erwartungen und Rollen können der Grund für Sexismus im Alltag sein. Alle Menschen können in ihrem Alltag Sexismus erfahren. Besonders betroffen von Sexismus sind zum Beispiel Frauen und Trans-Menschen. Das sind Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.
Beispiele für Sexismus im Alltag sind:
Besonders schlimm ist Sexismus, wenn aus Worte Taten werden. Dann spricht man von sexuellen Übergriffen, die meist schwere körperliche und psychische Folgen für die Betroffenen haben. Ava möchte nicht angefasst werden und das ist ihr gutes Recht, denn die körperliche Selbstbestimmung ist durch das Grundgesetz geschützt. Trotzdem ist Ava verunsichert.
Wenn sich eine Person, wie in dem Video im Stadion, auf dem Fußballplatz oder daneben sexistisch äußert und diskriminierend handelt, kannst auch du etwas tun. Aber was genau?
Als allererstes kannst du aufmerksam sein und auf deine Umgebung achten: Wie hättest du Avas Verhalten wahrgenommen? Wäre dir aufgefallen, dass sie nicht berührt werden möchte und sich unwohl fühlt? Dieses aufmerksame Beobachten nennt man auch „Awareness“. Der Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet, dass Menschen aufmerksam sind und dabei genau mitbekommen, was um sie herum passiert.
Bei Diskriminierung oder einem sexuellen Übergriff im Fußballstadion, wie Ava aus dem Video es erlebt hat, meint Awareness folgendes: Es heißt, dass du erkennst, wenn jemand anderes wegen des Geschlechts oder aus anderen Gründen unfair behandelt, beleidigt oder sogar körperlich angegriffen wird.
Awareness bedeutet aber auch, sich aktiv für andere einzusetzen. Zum Beispiel, indem du mit daran arbeitest, dass alle Menschen im Stadion respektiert werden. Es geht darum, eine sichere und freundliche Umgebung für alle zu schaffen.
Wenn du Awareness entwickelt hast, ist das schon einmal eine gute Basis. Dann gibt es sogar noch eine weitere Stufe, auf der du dich gegen Sexismus und Diskriminierung einsetzen kannst. Das nennt man „Allyship“. Der Begriff kommt auch aus dem Englischen und heißt so viel „verbündet sein“ oder „sich verbünden“.
Das bedeutet, dass du Personen, die von Sexismus (wie Ava im Video) und Diskriminierung betroffen sind, aktiv unterstützt und dich für die Rechte und das Wohl anderer Menschen einsetzt. Als Ally, also als Verbündete oder Verbündeter, kannst du mit deiner Awareness versuchen, die Probleme dieser Personen zu verstehen und ihnen zur Seite zu stehen, um für mehr Gleichberechtigung zu sorgen. Es geht darum, nicht nur zuzuschauen, sondern aktiv zu helfen und auch einzuschreiten.
Als praktische Hilfe kannst du dir ein solches Einschreiten wie eine Ampel vorstellen, die wir unten vorstellen. Das funktioniert übrigens auch im Internet, zum Beispiel auf TikTok oder in WhatsApp-Chats. Achte aber bei allen Ampelstufen darauf, dass du dich selbst nicht in Gefahr bringst. Vermeide dabei, den Täter oder die Täterin zu provozieren und versuche auch, dich nicht selbst provozieren zu lassen. Suche dir Unterstützung, zum Beispiel bei Beratungsstellen, die Hilfe bieten. Im absoluten Notfall kannst du auch den Polizeinotruf wählen, zum Beispiel, wenn jemand körperliche Gewalt anwendet. Solltest du schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben, gibt es Beratungsstellen, die dir zur Seite stehen. Achte dabei immer auf deine eigene Gesundheit.
Wenn du dich näher mit dem Thema beschäftigen willst, gibt es viele hilfreiche Videos, Bücher, Podcasts und andere Materialien. Sie können dir dabei helfen, das Thema Sexismus besser zu verstehen.